IDAktenzeichenDatum
#366
>>  Verfassungsgerichtshof des Saarlandes
Lv 1/20
16.12.2020
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1. In einer Verfassungsordnung der Freiheit sind auch vernunftlose, wirre, peinliche und die Ränder des demokratischen Konsenses berührende Schriften hinzunehmen. 2. Eine Verurteilung wegen Volksverhetzung durch Verbreiten eines "Gedichts" verletzt das Grundrecht der Meinungsfreiheit, wenn ihm eine zur Strafbarkeit führende Deutung zugrunde gelegt worden ist, ohne dass andere, ebenfalls mögliche Deutungen mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen worden sind. 3. Auch wenn Äußerungen nahe legen, dass bestimmten Gruppen von Ausländerinnen und Ausländern generalisierend feindseliges, gewaltbereites, betrügerisches und kleinkriminelles Verhalten zugeschrieben wird, müssen alternative Deutungen - eine Kritik staatlichen Verhaltens oder eine Bezugnahme auf konkrete Vorfälle - vor einer Verurteilung in Betracht gezogen werden.